Sei es nun, dass er durch das von ihm beworbene Produkt in Verbindung zu (auch) des
Ostdeutschen liebsten Kind, dem Auto, stand, oder dass er durch das marktbeherrschende Monopol
des einzigen staatlichen Tankstellenbetreibers in der DDR allgegenwärtig war - dieser "komische
Vogel" ist für viele bis heute das Synonym für Werbung in der DDR schlechthin. Alle
Werbeartikel, die diese gelungene Schöpfung der ostdeutschen Werbeindustrie zieren,
stehen heute bei Sammlern hoch im Kurs. Die aus der optischen Ähnlichkeit einer
Vogelsilhouette mit einer Ölkanne vom Puppengestalter Heiner Knappe entwickelte Figur erhielt ihren Namen aufgrund des
Gleichklanges des Vogelnamens Pirol mit dem Firmennamen. Dabei gelangte er zunächst als
rein "virtuelle" Werbefigur zu republikweitem Ruhm.
In den Puppentrickstudios des Deutschen Fernsehfunks, die vor allem
durch die Sandmännchen-Kurzfilme bekannt bei Groß und Klein waren, wurden ab Anfang der 60er Jahre für die
Dienstagabend-Sendungen des DFF-Werbefernsehens ("Tausend Tele-Zipps (ttt)") zahlreiche Minol-Werbespots produziert, in denen
der Minol-Pirol den Kraftfahrern Tipps zum sparsamen Benzinverbrauch und zur
werterhaltenden KfZ-Pflege erteilte (Abbildung oben links). Diese aus heutiger Marketing-Perspektive geradezu kontraproduktive,
da konsumfeindliche Botschaft der Werbung war durchaus typisch für die DDR: der "erzieherische"
Aspekt der Produktwerbung war in den letzten 10 Jahren dieses Mediums in der DDR seine einzige
Daseinsberechtigung, trugen doch die hier eingesetzten Mittel zum ressourcenschonenden
Verbraucherverhalten und zur angebotsorientierten Bedarfslenkung bei. So gedachte man
Konsumwünsche, die die bereits angeschlagene Planwirtschaft kaum noch zu erfüllen vermochte,
in gewissem Maße zu kanalisieren.
Darüber hinaus empfahl sich der Minol-Pirol jedoch zum omnipräsenten Sympathieträger
des Unternehmens und eroberte neben seinem Einsatz in Anzeigenkampagnen, in den beliebten Minol-Ratgeberheften und auf diversen
an Tankstellen verkauften Werbeartikeln vor allem als "lebensgroßes" dreidimensionales Maskottchen die Hobbykeller der Nation.
Der Minol-Pirol überlebte jedoch sowohl das
Ende des DDR-Werbefernsehens wie auch das Totalverbot der Produktwerbung im Jahre 1975.
Ein wichtiger Grund hierfür war ungeachtet seiner Popularität vor allem die Tatsache,
dass die Benutzung des DDR-Tankstellen-Monopolisten Minol entlang der
Transitstrecken auch für durchreisende Westtouristen obligatorisch war und der Pirol so
praktisch auch über die Landesgrenzen hinaus Werbewirkung entfaltete. Das Werbeverbot
bezog sich aber ausdrücklich nur auf die Binnenwerbung und demzufolge waren Werbefiguren
mit internationaler Ausstrahlung wie der Außenhandels-"Felix" oder das Leipziger
Messemännchen bis zum Ende der DDR im Einsatz. Mitte der 80er Jahre wurde der Minol-Pirol durch den Grafiker Wolfgang
Schubert sogar noch einer radikalen optischen Modernisierung
unterzogen (Bild rechts) und zierte weiterhin Serviceprospekte, Garagen und Schlüsselringe ostdeutscher
Autobesitzer.
Nach dem Verkauf der DDR-Tankstellen-Kette an den französischen Erdöl-Konzern
Elf Aquitaine 1992 und dem optischen "Relaunch" der bis Ende der 90er weiter existierenden Marke Minol war
für den inzwischen leicht antiquierten Vogel scheinbar kein Bedarf mehr vorhanden. 1998 entdeckte
jedoch das ehemalige ost-westdeutsche Joint Venture-Unternehmen
TyczkaMinol mit Sitz in Leipzig das eingemottete Maskottchen. Die Firma hatte 1990 die vom Elf-Konzern nicht
weitergeführte Flüssiggas-Sparte des ehemaligen VEB Minol übernommen und war somit einer der Rechtsnachfolger der bekannten DDR-Marke. Ihr neu aufgelegter Minol-Pirol entsprach
der modernisierten Fassung der 80er Jahre und erwies sich als Sympathieträger mit
dezentem Ostalgie-Charme als so erfolgreich, dass im darauf folgenden Jahr ein weiterer Minol-Rechtsnachfolger,
die Firma Addinol Lube Oil in Leuna, Hersteller von KfZ Schmierstoffen, ein
konkurrierendes Maskottchen ins Leben rief.
Für beide Pirol-Abkömmlinge kam jedoch mit der Reaktivierung der Marke MINOL
durch den ursprünglichen Rechteinhaber Total-Fina-Elf 2003/04 das Aus. Seit 2004 werden wieder die DDR Maskottchen der 80er
Jahre in nahezu unveränderter Form an der mittlerweile einzigen verbliebenen MINOL-Tankstelle in Leipzig verkauft.