Geschichte

In komprimierter Form gibt es hier Informationen zur Geschichte der Entwicklung und Charakteristik der Werbefigur als Bestandteil der Unternehmenskommunikation und zur Werbung in der DDR. Als letztes wird ein kurzer Überblick über die Werbebranche der DDR skizziert. Da das hier nur ein thematischer Überblick sein kann, wird an gegebener Stelle auf weiterführende Literatur verwiesen, die den einen oder anderen Aspekt ausführlicher und befriedigender darstellen kann. Fachbegriffe werden am Ende dieser Seite erläutert.


Geschichte und Charakteristik der Werbefigur

Verlagsmarke von Cotta 1840Die typische Entstehung vieler Werbefiguren verlief nach ähnlichen Mustern. Ausgangspunkt waren oft die seit etwa 150 Jahren bekannten Produkt- und Herstellermarken, die sich ihrerseits aus der älteren Wappenkunde bedient hatten und daher häufig über "tierisches" Personal verfügten, das sich nun für die Transformation zur Werbefigur anbot. Gerade die sehr frühen, zum Teil bis heute bekannten Werbefiguren aus dieser Zeit waren kreative Einzelleistungen mit sehr individueller, zuweilen skurriler Entstehungsgeschichte. Davon künden zum Beispiel die regelrechten Schöpfungsmythen um das Hündchen "Nipper" (1894), das in vielen europäischen Ländern für die Schallplattenmarke His Masters Voice in den Grammophontrichter lauschte, den geheimnisvollen "Don" (1928) von der Marken-Spirituose Sandeman oder das von marken-sinnbildlichem Äußeren gekennzeichnete Maskottchen "Bibendum" (1897) des französischen Reifenherstellers Michelin.
Kohlenklau von 1942 Eine weitere Möglichkeit war die Anthropomorphisierung (Vermenschlichung) von Produkten und sogar von Wortmarken. Der nüchterne werbetheoretische Hintergrund war stets derselbe: die Werbefigur, ob nun tierischen, menschlichen oder sachlichen Ursprungs, ermöglichte eine direkte und emotionale Ansprache des Werbekunden. Für deren Erfolg setzten die Werbefiguren alles ein: sie gaben mal kumpelhafte, mal lehrerhafte Ratschläge, sie überzeugten argumentativ, sie lockten mit zweideutigen Versprechen oder spielten einfach die Trumpfkarte "Kindchenschema" aus. Manche Figuren verbreiteten sogar Angst und Unsicherheit, um die Menschen zu anderem, "vernünftigen" Handeln anzuregen. Meist taten sie dies jedoch im Auftrag von Kampagnen der öffentlichen Aufklärungspropaganda: so warnte der populäre "Kohlenklau" den deutschen Bürger der 40er Jahre vor den Schädlingen der vielbeschworenen Volksgemeinschaft. Nach dem Krieg beerbten ihn der "Ratenschreck" im Westen und "Wattfraß" im Osten Deutschlands.

Bolle Milchmann Die systematische Nutzung von Werbefiguren in der deutschen Produktwerbung konnte sich erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts entfalten. Die wenigen bis heute bekannten Werbefiguren der Vorkriegszeit, etwa der Sarotti-Mohr (1918), die "Weiße Dame" von Persil (1922) oder auch die
Fewa-Johanna (ca. 1935) blieben Ausnahmeerscheinungen. Für den "Nachholebedarf" der deutschen Produktwerbung war natürlich in erster Linie der Zweite Weltkrieg verantwortlich: Die Werbeausgaben der deutschen Industrie wurden während des Krieges zunehmend eingeschränkt, die üblichen Trägermedien wie Zeitungen, Zeitschriften, Plakate und Filme standen immer weniger zur Verfügung. Zuletzt wurde Werbung gesetzlich auf kriegswichtige Produkte beschränkt und ästhetisch wie inhaltlich auf den "Endsieg" abgestimmt. Für die drolligen Werbefiguren, gar für neu entwickelte, fehlten Geld, Zeit und zunehmend auch die Rezipienten.

Die 50er Jahre brachten mit Marshall-Plan, Wirtschaftswunder und Care-Paketen nicht nur die Werbe- und Warenwelt Amerikas über Deutschland, auch die beliebten einheimischen Marken der Vorkriegszeit wurden wiederbelebt und traten ein in die Konkurrenz um die Gunst der Käufer in Ost und West. Auch die Zeitungen und Zeitschriften als Werbeträger kehrten bunter und in größerer Zahl zurück, Ende der 50er Jahre trat mit dem Fernsehen ein qualitativ völlig neues Medium an ihre Seite, das vor allem die gesamtnationale Wirksamkeit der so verbreiteten Werbebotschaften vervielfachte.
Im gleichen Maße wie das Gesamtvolumen der Produktwerbung verzeichneten von Mitte bis Ende der 50er Jahre die Werbefiguren einen gewaltigen Boom. Neben die Marke, den damals noch "Werberuf" genannten Slogan und die Verpackungsgestaltung traten sie als neue "Konstante" in der Werbebotschaft an. Ausser den schon erwähnten kommunikativen Qualitäten war es vor allem ihre multimediale Wandlungsfähigkeit, die sie fast zur "Geheimwaffe" der Nachkriegswerbung werden liessen. Viele Markenzeichen verwandelten sich zu Werbefiguren, der Erfolg dieses Mediums war so groß, daß sich sogar Werbefiguren zu Markenzeichen verwandelten. Vor allem in der DDR gab es dafür zahlreiche Beispiele. Kaum eine Figur blieb, wie früher die "Weiße Dame", auf dem Papier der Anzeigen und Plakate kleben. Sie tanzten und liefen über Kinoleinwände und Fernsehschirme, sie sprachen und sangen im Radio, sie zierten Aschenbecher, Zündholzschachteln und Kartenspiele, sie bevölkerten dreidimensional die Auslagen und Verkaufsräume der Geschäfte, eroberten als Maskottchen die Schlüsselbünde, Autorückspiegel und Kinderzimmer der Nation und gelangten schließlich in Form von Aufklebern an alle sonstigen Orte, die kaum ein Werbetreibender in seinen kühnsten Träumen mit Werbebotschaften zu dekorieren gewagt hätte.

Meister Propper goes Techno!Das "Rezept" für eine erfolgreiche Werbefigur war und ist scheinbar sehr einfach: die Figur muss einen unmittelbaren assoziativen Bezug zum beworbenen Produkt erlauben, muss einerseits so simpel wie möglich, andererseits aber für den Betrachter auch unverwechselbar und gleichzeitig anpassungsfähig an möglichst viele Medien sein. Was einfach klingt, ist in der Umsetzung, vor allem aber in seiner Wirksamkeit selbst für die "Macher" kaum vorhersehbar. Die Anekdoten des Buches "Lurchi, Klementine & Co." künden von Figuren, die nur kurze Lebensdauer hatten oder sogar kontraproduktiv für den Umsatz des Produktes waren, andere blieben über lange Zeiträume und Ländergrenzen hinweg erfolgreich oder erlangten Popularität über ihren ursprünglichen Bezug hinaus, so dass sie sogar im Rahmen des so genannten "Character Merchandising" auch völlig anderen Produkten zum Absatz verhalfen. So "verkauft" zum Beispiel Meister Propper, der Muskelprotz mit der Glatze, heute neben Haushaltreiniger auch Techno-CD's.
Etwas eingeschränkt in ihrer Anpassungsfähigkeit, dafür aber auch höchst populär sind "reale", das heißt von Menschen dargestellte Werbefiguren. Hier gibt es einerseits die "virtuellen" wie die Ariel-Klementine, Herrn Kaiser und den Melitta-Mann, andererseits Prominente, die Produkten und Kampagnen durch Stimme und Abbild etwas von ihrem Image leihen. Gerade die letzte Sparte von Figuren droht durch ihre inflationäre Präsenz in den Medien konsumabträgliche Effekte zu erzeugen: der Verbraucher kann kaum noch unterscheiden, ob Frau Feldbusch gerade für Spinat, Marmelade, Shampoo oder die Telefonauskunft in die Kamera plappert, skandalumwitterte Promis wie Boris Becker oder Jan Ulrich erschütterten das Vertrauen in die beworbenen Produkte ebenso wie Franz Beckenbauer seine eigene Glaubwürdigkeit, wenn er von E Plus ausgerechnet zum Konkurrenten O2 "wechselte".

Obwohl phantasievolle Neuschöpfungen in den letzten Jahren Mangelware waren, haben Werbefiguren zur Zeit wieder hohe Konjunktur. Die Werbemittelhersteller bieten "unverwechselbare" Charaktere vom Fließband an, kaum ein Produkt, eine Kampagne oder ein Unternehmen, das die Nähe der Öffentlichkeit suchen muss, geht ohne ein Maskottchen ins Rennen um die Gunst des Verbrauchers. Gerade die Liberalisierung und Diversifizierung der Energie-, Wohnraum-, Kommunikations- und Transportmärkte der letzten Jahre bieten hier ein nahezu unerschöpfliches Potenzial. Die Namenstaufe der obligatorischen Knuddelpüppchen wird als PR-Event zelebriert, wobei die Originalität und Halbwertzeit der so entstandenen "Stromi's", "Wassi's", "Bahni's" und "Wohni's" leider auf niedrigstem Niveau verbucht werden muss. Längst eingemottet geglaubte Figuren wie der Sarotti-Mohr, der Maggi-Suppenkoch "Fridolin" oder der Minol-Pirol feiern fröhliche Urstände im Sinne der Werbung mit Tradition und Glaubwürdigkeit in einer Zeit schwindender Werte. Das Verbraucherverhalten gibt dem jetzt noch Recht. Die Liebhaber der skurrilen Schöpfungen wird es freuen, alles andere bringt die Zeit.

Werbung in der DDR

Noch 1990 hätte man diese Überschrift am liebsten mit einem Fragezeichen versehen, denn im Schema der planwirtschaftlich gelenkten Handelsorganisationen und Industriebetriebe der DDR gab es theoretisch weder Bedarf noch Notwendigkeit von Produktwerbung. Die "Waren des täglichen Bedarfs" wurden so oder so gekauft und darüber hinaus gehende Konsumwünsche mussten gar nicht erst strategisch gelenkt werden, da niemand diese Produkte in ausreichender Menge herstellte. Doch dieses simple Schwarz-Weiß-Bild der Vergangenheit wurde zum Glück in den letzten Jahren bereits durch zahlreiche Veröffentlichungen geradegerückt. War die Warenwelt der DDR auch weder so schillernd und vielfältig wie die der westlichen Industrieländer, gab es doch bei den Zyklen der Herstellung und Distribution erstaunlich viele Parallelen und auch Berührungspunkte. Und nicht zuletzt gab es zu allen Zeiten Kreative, die mit Witz und Phantasie das Grau in Grau des staatlich gelenkten Konsums zu beleben wussten.
Selbstverständlich wurden die Rahmenbedingungen für die Werbung in der DDR von der staatlich gelenkten Wirtschaft und damit vom politischen System gesetzt. Die in relativ klar trennbaren Phasen verlaufende Entwicklung der DDR-Werbung ist darum auch an politisch bedeutsame Daten geknüpft.

Fewa ist wieder da! Werbung von 1949 In der unmittelbaren Nachkriegszeit war das wirtschaftliche System der DDR noch deutlich mehrgeteilt. Neben der schnell und großflächig verstaatlichten Schlüsselindustrie gab es zunächst noch recht viele private und privatrechtlich organisierte Betriebe, vor allem in der chemisch-kosmetischen und der Lebensmittelindustrie und der sogenannten Konsumgüterproduktion, also bei Waren, die unmittelbar von der Bevölkerung zu konsumieren waren. Es waren in der Regel Markenhersteller der Vorkriegszeit, die nicht nur mit ihrer Produktpalette, sondern auch mit ihrer Werbung auf Bewährtes der 30er und 40er Jahre zurückgriffen. Das bezog sich auf ästhetische Konzepte ebenso wie auf die Gestaltung des Marketing insgesamt. Ein Blick in beliebte Zeitschriften der DDR wie "Das Magazin" oder die "Neue Berliner Illustrierte" bot eine ähnliche Vielfalt von Produktwerbung wie bei den westlichen Pendants. Neben Anzeigen wurde aber auch die gesamte Palette an Werbemitteln eingesetzt, von Werbefilmen und Werbeschallplatten bis hin zum bereits ab 1959 ausgestrahlten Werbefernsehen.
Mit der in mehreren Wellen durchgeführten Verstaatlichung der Wirtschaft und der allmählichen Etablierung des volkseigenen Handels (HO) entstand die Notwendigkeit, zum "Problemfeld" Werbung auch theoretisch Stellung zu beziehen. Ergebnis war die "Sozialistische Werbelehre", die konzeptionell folgerichtig zunehmend andere Schwerpunkte setzte als die Werbelehre unter kapitalistischen Bedingungen. Das betraf natürlich in erster Linie ihren Auftrag, demgemäß sie sich neben der reinen Abgrenzung gegen die West-Werbung zu einem rein informierenden und beratenden Medium für den Käufer zu entwickeln hatte. Praxisbezogener Schwerpunkt der Werbelehre wurde darum auch der Handel als direkter Berührungspunkt zwischen Produkten und Konsumenten und dessen wichtigstes Werbemittel, die Schauwerbung (Dekoration) von Verkaufsräumen und Schaufenstern. Hier wurde später auch die bedarfslenkende Funktion der Werbung, zum Beispiel zum gezielten Abbau produktionsbedingter Überkapazitäten ("Nimm ein Ei mehr") realisiert.

Die Werbung hing in der stark zentralistisch geführten DDR-Wirtschaft vor allem finanziell und materiell immer stark "am Tropf". Politisch-wirtschaftliche Grundsatzentscheidungen wirkten sich deshalb immer unmittelbar auf die Werbung aus. So gab es in der zweiten Hälfte der 50er Jahre einen Aufschwung für die Werbung, nachdem die Befriedigung von Konsumwünschen der Bevölkerung als Planziel verabschiedet wurde. Die zweite und bedeutendste derartige Entwicklung begann nach dem Mauerbau 1961 und wurde 1963 mit dem "Neuen ökonomischen System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft" (NÖP) auch materiell umgesetzt. Die paradoxerweise gleichzeitig beschlossene 50-prozentige Senkung aller Werbeausgaben war jedoch ebenfalls ein Signal wirtschaftlichen Denkens und ökonomische Vorbehalte gegen die Wirtschaftswerbung gewannen in den folgenden Jahren die Oberhand. Den in den späten 60er Jahren vorherrschenden erzieherisch-bildenden Aspekt der Werbung erfüllten zunehmend auch andere Medien wie die Volksbildung, die Presse, Funk und Fernsehen. Werbung für Genussmittel wie Alkohol und Tabakerzeugnisse war schon länger verboten. Das Aus für die Binnen-Wirtschaftswerbung war deshalb weniger eine ideologische als eher eine ökonomische Entscheidung und kam wenig später, im Anschluß an die letzte große Verstaatlichungswelle der Wirtschaft in Form des gesetzlich festgelegten Werbeverbotes 1972. Die nunmehr volkseigenen Betriebe mussten ihre kompletten Werbebudgets an das Ministerium für Finanzen zurückgeben.

DDR Schaufensterentwurf, aus einem LehrbuchIn den letzten knapp zwei Jahrzehnten der DDR führte die Werbung ein Nischendasein. Die Kreativen der Branche konnten sich nur noch in den Bereichen Kulturwerbung und Gesundheitspropaganda verwirklichen, gaben aber damit dem Bereich der Gebrauchsgrafik und vor allem der Plakatkunst entscheidende Impulse. Produktwerbung war nur noch den Außenhandelsunternehmen gestattet, die im Auftrag der Staatsführung exklusiv für alle exportierbaren Waren die Geschäftsbeziehungen zum Ausland unterhielten und hierzu natürlich auch Werbe- und Marketingmaßnahmen umzusetzen hatten, die der Konkurrenz mit westlichen Unternehmen standhielten. Diese Werbeaktionen waren innerhalb der DDR nur eingeschränkt wahrnehmbar, da sie sich auf Messen und Druckerzeugnisse beschränkte, die den Einheimischen im Prinzip nicht zugänglich waren.

Die Werbebranche der DDR

DEWAG Anzeige von 1963Wie das gesamte Wirtschaftssystem der DDR war natürlich auch der Bereich der Werbung stark zentralistisch organisiert. Die einzige im Inland operierende Werbeagentur war die bereits 1945 als Anzeigenagentur gegründete DEWAG, die in den 50er Jahren schrittweise vollständig in den Besitz der herrschenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) überging. Bereiche wie die Außenwerbung (Plakate) und Verkehrswerbung wurden schon bald monopolistisch von ihr betreut, über ihre später 15 Bezirksvertretungen übernahm sie aber auch die Mehrzahl der Werbeaufträge aus der Wirtschaft, die innerhalb der DEWAG vom Entwurf bis zur Umsetzung erarbeitet werden konnten. 1957 ging aus dem Außenhandelsbereich der DEWAG eine spezielle Agentur für Auslandswerbung, die INTERWERBUNG hervor, die innerhalb der DDR aber keine Aufgaben übernahm. Von 1949 bis 1962 unterhielt die DEWAG ein eigenes Studio, das in allen bekannten Tricktechniken und im Realfilm Werbefilme und Spots für Kinos und das DDR-Werbefernsehen produzierte. Das Werbefernsehen mit seiner bekanntesten Sendung, den "tausend tele tipps (ttt)" überlebte bis 1976, hatte zuletzt aber nur noch das Profil einer reinen Ratgebersendung.
Mit jeder neuen Verstaatlichungswelle wurden der DEWAG neue kleine und mittelständische Unternehmen, die zum Produktionsprofil passten, zugeordnet, so z.B. Fahnenstickereien, papierverarbeitende und Druckereibetriebe oder auf Messebau spezialisierte Unternehmen. Durch die Einschränkungen für die Inlandswerbung ab 1963 und das gänzliche Verbot 1972 wurde die Arbeit der DEWAG stark eingeschränkt, was innerhalb des Betriebes eine stärkere Konzentration und Spezialisierung nach sich zog. Ein Hauptaufgabengebiet der DEWAG in den 70er und 80er Jahren wurde die Sichtagitation, das heißt die Ausgestaltung turnusgemäßer Propagandaveranstaltungen des Staates wie z.B. Maifeiern, die DDR-Jahrestage, Sportfeste usw.

Hannes Hegen und sein Rumpelmännchen von 1955Über die Arbeit privater oder sonst von unmittelbarer staatlicher Einflussnahme freier Werbebetriebe in den 50er und 60er Jahren ist nicht viel bekannt. Drucksachen und werbespezifische Materialien wurden in zahlreichen kleinen mittelständischen Unternehmen und Produktionsgenossenschaften hergestellt. Größere Betriebe, Warenzeichenverbände und Handelsorganisationen unterhielten eigene Werbeabteilungen, die aber nur selten spezielle Entwurfsarbeiten ausführten, sondern die Umsetzung und Verarbeitung zentral hergestellter Werbemittel übernahmen. Gestaltungsaufträge, vor allem natürlich für Werbefiguren, wurden oft an selbständige Werbeschaffende und Grafiker vergeben, von denen sich einige wie z.B. Horst Geil, Fritz Springefeld, Karl Schrader oder Erika Nerger zu regelrechten Werbefiguren-Spezialisten entwickelten. Profis an noch exponierterer Stelle wie der im Puppenstudio des DDR-Fernsehens tätige Erfinder des Sandmännchens, Gerhard Behrendt, wurden durch die Arbeit an Werbefilmen gleichfalls zum Schöpfer von Werbefiguren: er entwarf die Grundform des Minol-Pirol, des Messemännchens und des Agra-Maskottchens "Florinchen". Für erfolgreiche Presse- und Comiczeichner wie Digedags-Erfinder Hannes Hegen oder den Berliner Kult-Zeichner Erich Schmitt waren Werbefiguren eher Nebenprodukte: Hegen verkaufte den ersten Entwurf des Rumpelmännchens noch vor seiner Mosaik-Karriere für ein lächerliches Honorar an den Staatlichen Altstoffhandel und Schmitt's populäre Protagonisten Schwester Erika und Tierpfleger Ede kamen im Rahmen des sogenannten "Character Merchandising" zu Werbeauftritten.
Signets von Seyfarth & Reinhardt und Hermann BergerSpezielle Hersteller für Werbefiguren gab es kaum, aber ähnlich wie die renommierten westdeutschen Firmen Steiff, Käthe Kruse und Goebel fertigten auch Puppenhersteller der DDR nach Entwurf gewünschte Werbefiguren in größeren Stückzahlen. Hervorzuheben sind hier die Firmen von Hermann Berger in Altenburg und die Seyfarth & Reinhardt KG in Waltershausen, die bis in die 60er Jahre mit verschiedenen gut gearbeiteten Maskottchen-Varianten bekannter Werbefiguren auffielen. Neben im speziellen Auftrag gefertigten Werbefiguren boten kleine Unternehmen auch eine Art "Blanko"-Varianten an, die die Kunden aus der Wirtschaft durch die Zugabe bestimmter Assecoires in "ihre" Figuren verwandeln konnten. Dieses Verfahren wurde in den 70er und 80er Jahren noch immer zahlreich angewandt. Auf dem standardisierten Körper des bekannten Messemännchens z.B. wurden durch den Einsatz anderer Köpfe und Bekleidung viele verschiedene Maskottchen hergestellt, die es zunehmend an Qualität und Individualität fehlen ließen. Die Effektivität dieses Verfahren wurde noch dadurch begünstigt, dass spätestens in den 80ern die ehemals breitgefächerte und traditionsreiche Spielwarenindustrie der DDR unter der anonymen Marke SONNI zwangsvereinigt worden war.
Spezielle und aufwändige Versionen von Werbefiguren, z.B. für die Dekoration von Schaufenstern und Messeständen, gab es nur in geringen Stückzahlen und wurden in der Regel von den örtlichen Spezialbetrieben der DEWAG hergestellt. Versuche von Unternehmen, Werbefiguren für sich selbst herzustellen, gab es auch, sind aber wegen des fehlenden ästhetischen Know-How und effektiver Herstellungsmethoden als mißglückt einzuschätzen.

Begriffserklärung

Propaganda Im ursprünglichen Wortsinn keine politische Agitation, sondern besondere Form der öffentlichen Kommunikation, die das Verhalten oder Einstellungen von Menschen beeinflussen soll. In diesem Sinne soll Gesundheitspropaganda zu gesunder Lebensweise anregen, Arbeitsschutzpropaganda Maßnahmen des Arbeitsschutzes erklären, Produktionspropaganda die Arbeitsmoral erhöhen usw. usf.
Kampagne Kampagnen sind zyklisch angelegte und strategisch geplante Kommunikationsmaßnahmen, die der Aufklärung über bestimmte gesellschaftlich bedeutsame Themen dienen.
Kampagnenfigur Leitfiguren, die Kampagnen begleiten und sich dabei ähnlicher Wirkungsmechanismen wie Werbefiguren bedienen. Sie können als gutes oder schlechtes Vorbild oder als Ratgeber auftreten. Bekannte Kampagnenfiguren der DDR waren z.B. Lodrian und Feuerwehrmann Fix (Brandschutz), Wattfraß (Energieeinsparung), Kundi (Gesundheitsaufklärung bei Kindern), Korbine (gesunde Ernährung), Hugo Leichtsinn (Unfallverhütung), Theo (Arbeitsschutz) usw.
Merchandising Artikel wie Spielzeug, Sammlerstücke, aber auch beliebige Produkte, die durch ihre Gestaltung oder Aufdruck eines Logos mit einem anderen Medium (Film, Musik, Bücher, Comics, Computerspiel, Event und ähnliches) in Zusammenhang stehen. Merchandising-Artikel müssen grundsätzlich erworben werden. Als Sonderform der Werbung entwickelt, hat sich das Merchandising inzwischen zu einem eigenständigen lukrativen Geschäft entwickelt. Bei Hollywood-Produktionen von Disney etwa übersteigen die Merchandising-Erlöse teilweise die der Filme, so dass man auch umgekehrt sagen könnte, der Film wirbt für seine Merchandising-Artikel!
Character Merchandising Besondere Form von Merchandising, bei der populäre Figuren für Werbezwecke außerhalb ihres eigentlichen Mediums benutzt werden. Sie gehen sozusagen einen Werbevertrag mit einer anderen Firma ein.

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