In komprimierter Form gibt es hier Informationen zur Geschichte der Entwicklung und Charakteristik der Werbefigur als Bestandteil der Unternehmenskommunikation und zur Werbung in der DDR. Als letztes wird ein kurzer Überblick über die Werbebranche der DDR skizziert. Da das hier nur ein thematischer Überblick sein kann, wird an gegebener Stelle auf weiterführende Literatur verwiesen, die den einen oder anderen Aspekt ausführlicher und befriedigender darstellen kann. Fachbegriffe werden am Ende dieser Seite erläutert.
Die typische Entstehung vieler Werbefiguren verlief nach ähnlichen
Mustern. Ausgangspunkt waren oft die seit etwa 150 Jahren bekannten Produkt- und
Herstellermarken, die sich ihrerseits aus der älteren Wappenkunde bedient hatten und
daher häufig über "tierisches" Personal verfügten, das sich nun für die Transformation zur
Werbefigur anbot. Gerade die sehr frühen, zum Teil bis heute bekannten Werbefiguren aus dieser Zeit
waren kreative Einzelleistungen mit sehr individueller, zuweilen
skurriler Entstehungsgeschichte. Davon künden zum Beispiel die regelrechten
Schöpfungsmythen um das Hündchen "Nipper" (1894), das in vielen europäischen Ländern für die
Schallplattenmarke His Masters Voice in den Grammophontrichter lauschte, den geheimnisvollen "Don" (1928)
von der Marken-Spirituose Sandeman oder das von marken-sinnbildlichem
Äußeren gekennzeichnete Maskottchen "Bibendum" (1897) des französischen Reifenherstellers
Michelin.
Eine weitere Möglichkeit war die Anthropomorphisierung (Vermenschlichung) von Produkten
und sogar von Wortmarken. Der nüchterne werbetheoretische Hintergrund
war stets derselbe: die Werbefigur, ob nun tierischen, menschlichen oder sachlichen
Ursprungs, ermöglichte eine direkte und emotionale Ansprache des Werbekunden. Für deren
Erfolg setzten die Werbefiguren alles ein: sie gaben mal kumpelhafte, mal lehrerhafte
Ratschläge, sie überzeugten argumentativ, sie lockten mit zweideutigen Versprechen oder
spielten einfach die Trumpfkarte "Kindchenschema" aus. Manche Figuren verbreiteten sogar
Angst und Unsicherheit, um die Menschen zu anderem, "vernünftigen" Handeln anzuregen.
Meist taten sie dies jedoch im Auftrag von Kampagnen der öffentlichen Aufklärungspropaganda:
so warnte der populäre "Kohlenklau" den deutschen Bürger der 40er Jahre vor den
Schädlingen der vielbeschworenen Volksgemeinschaft. Nach dem Krieg beerbten ihn der
"Ratenschreck" im Westen und "Wattfraß" im Osten Deutschlands.
Die systematische Nutzung von Werbefiguren in der deutschen Produktwerbung
konnte sich erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts entfalten. Die wenigen bis heute bekannten
Werbefiguren der Vorkriegszeit, etwa der Sarotti-Mohr (1918), die "Weiße Dame" von Persil (1922)
oder auch die Fewa-Johanna (ca. 1935) blieben Ausnahmeerscheinungen. Für den
"Nachholebedarf" der deutschen Produktwerbung war natürlich in erster Linie der
Zweite Weltkrieg verantwortlich: Die Werbeausgaben der deutschen Industrie
wurden während des Krieges zunehmend eingeschränkt, die üblichen Trägermedien wie Zeitungen,
Zeitschriften, Plakate und Filme standen immer weniger zur Verfügung. Zuletzt wurde Werbung gesetzlich auf
kriegswichtige Produkte beschränkt und ästhetisch wie inhaltlich auf den "Endsieg"
abgestimmt. Für die drolligen Werbefiguren, gar für neu entwickelte, fehlten Geld, Zeit und
zunehmend auch die Rezipienten.
Die 50er Jahre brachten mit Marshall-Plan, Wirtschaftswunder und Care-Paketen nicht nur die Werbe-
und Warenwelt Amerikas über Deutschland, auch die beliebten einheimischen Marken der Vorkriegszeit
wurden wiederbelebt und traten ein in die Konkurrenz um die Gunst der Käufer in
Ost und West. Auch die Zeitungen und Zeitschriften als Werbeträger kehrten bunter und
in größerer Zahl zurück, Ende der 50er Jahre trat mit dem Fernsehen ein qualitativ völlig
neues Medium an ihre Seite, das vor allem die gesamtnationale Wirksamkeit der so
verbreiteten Werbebotschaften vervielfachte.
Im gleichen Maße wie das Gesamtvolumen
der Produktwerbung verzeichneten von Mitte bis Ende der 50er Jahre die Werbefiguren einen
gewaltigen Boom. Neben die Marke, den damals noch "Werberuf" genannten Slogan und die
Verpackungsgestaltung traten sie als neue "Konstante" in der Werbebotschaft an. Ausser den
schon erwähnten kommunikativen Qualitäten war es vor allem ihre multimediale
Wandlungsfähigkeit, die sie fast zur "Geheimwaffe" der Nachkriegswerbung werden liessen.
Viele Markenzeichen verwandelten sich zu Werbefiguren, der Erfolg dieses Mediums war so groß,
daß sich sogar Werbefiguren zu Markenzeichen verwandelten. Vor allem in der DDR gab es dafür
zahlreiche Beispiele. Kaum eine Figur blieb, wie früher die "Weiße Dame", auf dem Papier der Anzeigen und
Plakate kleben. Sie tanzten und liefen über Kinoleinwände und Fernsehschirme, sie sprachen
und sangen im Radio, sie zierten Aschenbecher, Zündholzschachteln und Kartenspiele, sie
bevölkerten dreidimensional die Auslagen und Verkaufsräume der Geschäfte, eroberten als
Maskottchen die Schlüsselbünde, Autorückspiegel und Kinderzimmer der Nation und
gelangten schließlich in Form von Aufklebern an alle sonstigen Orte, die kaum ein
Werbetreibender in seinen kühnsten Träumen mit Werbebotschaften zu dekorieren gewagt
hätte.
Das "Rezept" für eine erfolgreiche Werbefigur war und ist scheinbar sehr einfach:
die Figur muss einen unmittelbaren assoziativen Bezug zum beworbenen Produkt erlauben,
muss einerseits so simpel wie möglich, andererseits aber für den Betrachter auch
unverwechselbar und gleichzeitig anpassungsfähig an möglichst viele Medien sein. Was einfach
klingt, ist in der Umsetzung, vor allem aber in seiner Wirksamkeit selbst für die "Macher"
kaum vorhersehbar. Die Anekdoten des Buches "Lurchi,
Klementine & Co." künden von Figuren, die nur kurze Lebensdauer hatten oder sogar
kontraproduktiv für den Umsatz des Produktes waren, andere blieben über lange Zeiträume
und Ländergrenzen hinweg erfolgreich oder erlangten Popularität über ihren
ursprünglichen Bezug hinaus, so dass sie sogar im Rahmen des so genannten "Character
Merchandising" auch völlig anderen Produkten zum Absatz verhalfen. So "verkauft" zum
Beispiel Meister Propper, der Muskelprotz mit der Glatze, heute neben Haushaltreiniger auch
Techno-CD's.
Etwas eingeschränkt in ihrer Anpassungsfähigkeit, dafür aber auch höchst
populär sind "reale", das heißt von Menschen dargestellte Werbefiguren. Hier gibt es
einerseits die "virtuellen" wie die Ariel-Klementine, Herrn Kaiser und den Melitta-Mann,
andererseits Prominente, die Produkten und Kampagnen durch Stimme und Abbild etwas von
ihrem Image leihen. Gerade die letzte Sparte von Figuren droht durch ihre inflationäre
Präsenz in den Medien konsumabträgliche Effekte zu erzeugen: der Verbraucher kann kaum
noch unterscheiden, ob Frau Feldbusch gerade für Spinat, Marmelade, Shampoo oder die
Telefonauskunft in die Kamera plappert, skandalumwitterte Promis wie Boris Becker oder
Jan Ulrich erschütterten das Vertrauen in die beworbenen Produkte ebenso wie Franz
Beckenbauer seine eigene Glaubwürdigkeit, wenn er von E Plus ausgerechnet zum Konkurrenten O2
"wechselte".
Obwohl phantasievolle Neuschöpfungen in den letzten Jahren Mangelware
waren, haben Werbefiguren zur Zeit wieder hohe Konjunktur. Die Werbemittelhersteller
bieten "unverwechselbare" Charaktere vom Fließband an, kaum ein Produkt, eine Kampagne
oder ein Unternehmen, das die Nähe der Öffentlichkeit suchen muss, geht ohne ein
Maskottchen ins Rennen um die Gunst des Verbrauchers. Gerade die Liberalisierung und
Diversifizierung der Energie-, Wohnraum-, Kommunikations- und Transportmärkte der
letzten Jahre bieten hier ein nahezu unerschöpfliches Potenzial. Die Namenstaufe der
obligatorischen Knuddelpüppchen wird als PR-Event zelebriert, wobei die Originalität
und Halbwertzeit der so entstandenen "Stromi's", "Wassi's", "Bahni's" und "Wohni's"
leider auf niedrigstem Niveau verbucht werden muss. Längst eingemottet
geglaubte Figuren wie der Sarotti-Mohr, der Maggi-Suppenkoch "Fridolin" oder der Minol-Pirol feiern
fröhliche Urstände im Sinne der Werbung mit Tradition und Glaubwürdigkeit in einer Zeit
schwindender Werte. Das Verbraucherverhalten gibt dem jetzt noch Recht. Die Liebhaber der
skurrilen Schöpfungen wird es freuen, alles andere bringt die Zeit.
Noch 1990 hätte man diese Überschrift am liebsten mit einem Fragezeichen versehen, denn im Schema der
planwirtschaftlich gelenkten Handelsorganisationen und Industriebetriebe der DDR gab es theoretisch
weder Bedarf noch Notwendigkeit von Produktwerbung. Die "Waren des täglichen Bedarfs" wurden so oder
so gekauft und darüber hinaus gehende Konsumwünsche mussten gar nicht erst strategisch gelenkt
werden, da niemand diese Produkte in ausreichender Menge herstellte. Doch dieses simple
Schwarz-Weiß-Bild der Vergangenheit wurde zum Glück in den letzten Jahren bereits durch zahlreiche Veröffentlichungen
geradegerückt. War die Warenwelt der DDR auch weder so schillernd und vielfältig wie die der
westlichen Industrieländer, gab es doch bei den Zyklen der Herstellung und Distribution erstaunlich
viele Parallelen und auch Berührungspunkte. Und nicht zuletzt gab es zu allen Zeiten Kreative, die
mit Witz und Phantasie das Grau in Grau des staatlich gelenkten Konsums zu beleben wussten.
Selbstverständlich wurden die Rahmenbedingungen für die Werbung in der DDR von der staatlich
gelenkten Wirtschaft und damit vom politischen System gesetzt. Die in relativ klar trennbaren Phasen
verlaufende Entwicklung der DDR-Werbung ist darum auch an politisch bedeutsame Daten geknüpft.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit war das wirtschaftliche System der DDR noch deutlich mehrgeteilt. Neben
der schnell und großflächig verstaatlichten Schlüsselindustrie gab es zunächst noch recht viele
private und privatrechtlich organisierte Betriebe, vor allem in der chemisch-kosmetischen und der
Lebensmittelindustrie und der sogenannten Konsumgüterproduktion, also bei Waren, die unmittelbar von
der Bevölkerung zu konsumieren waren. Es waren in der Regel
Markenhersteller der Vorkriegszeit, die nicht nur mit ihrer Produktpalette, sondern auch mit ihrer
Werbung auf Bewährtes der 30er und 40er Jahre zurückgriffen. Das bezog sich auf ästhetische Konzepte
ebenso wie auf die Gestaltung des Marketing insgesamt. Ein Blick in beliebte Zeitschriften der DDR
wie "Das Magazin" oder die "Neue Berliner Illustrierte" bot eine ähnliche Vielfalt von Produktwerbung
wie bei den westlichen Pendants. Neben Anzeigen wurde aber auch die gesamte Palette an Werbemitteln eingesetzt,
von Werbefilmen und Werbeschallplatten bis hin zum bereits ab 1959 ausgestrahlten Werbefernsehen.
Mit der in mehreren Wellen durchgeführten Verstaatlichung der Wirtschaft und der
allmählichen Etablierung des volkseigenen Handels (HO) entstand die Notwendigkeit, zum "Problemfeld"
Werbung auch theoretisch Stellung zu beziehen. Ergebnis war die "Sozialistische Werbelehre", die
konzeptionell folgerichtig zunehmend andere Schwerpunkte setzte als die Werbelehre unter
kapitalistischen Bedingungen. Das betraf natürlich in erster Linie ihren Auftrag, demgemäß sie sich neben der
reinen Abgrenzung gegen die West-Werbung zu einem rein informierenden und beratenden Medium für den
Käufer zu entwickeln hatte. Praxisbezogener Schwerpunkt der Werbelehre wurde darum
auch der Handel als direkter Berührungspunkt zwischen Produkten und Konsumenten und dessen
wichtigstes Werbemittel, die Schauwerbung (Dekoration) von Verkaufsräumen und Schaufenstern. Hier
wurde später auch die bedarfslenkende Funktion der Werbung, zum Beispiel zum gezielten Abbau
produktionsbedingter Überkapazitäten ("Nimm ein Ei mehr") realisiert.
Die Werbung hing in der stark zentralistisch geführten DDR-Wirtschaft vor allem finanziell und
materiell immer stark "am Tropf". Politisch-wirtschaftliche Grundsatzentscheidungen wirkten sich
deshalb immer unmittelbar auf die Werbung aus. So gab es in der zweiten Hälfte der 50er Jahre einen
Aufschwung für die Werbung, nachdem die Befriedigung von Konsumwünschen der Bevölkerung als Planziel
verabschiedet wurde. Die zweite und bedeutendste derartige Entwicklung begann nach dem Mauerbau 1961
und wurde 1963 mit dem "Neuen ökonomischen System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft" (NÖP) auch materiell umgesetzt. Die
paradoxerweise gleichzeitig beschlossene 50-prozentige Senkung aller Werbeausgaben war jedoch
ebenfalls ein Signal wirtschaftlichen Denkens und ökonomische Vorbehalte gegen die
Wirtschaftswerbung gewannen in den folgenden Jahren die Oberhand. Den in den späten 60er Jahren
vorherrschenden erzieherisch-bildenden Aspekt der Werbung erfüllten zunehmend auch andere Medien wie die
Volksbildung, die Presse, Funk und Fernsehen. Werbung für Genussmittel wie Alkohol und
Tabakerzeugnisse war schon länger verboten. Das Aus für die Binnen-Wirtschaftswerbung war
deshalb weniger eine ideologische als eher eine ökonomische Entscheidung und kam
wenig später, im Anschluß an die letzte große Verstaatlichungswelle der Wirtschaft in Form des
gesetzlich festgelegten Werbeverbotes 1972. Die nunmehr volkseigenen Betriebe mussten ihre kompletten
Werbebudgets an das Ministerium für Finanzen zurückgeben.
In den letzten knapp zwei Jahrzehnten der DDR führte die Werbung ein Nischendasein. Die Kreativen der Branche konnten sich nur noch in den Bereichen Kulturwerbung und Gesundheitspropaganda verwirklichen, gaben aber damit dem Bereich der Gebrauchsgrafik und vor allem der Plakatkunst entscheidende Impulse. Produktwerbung war nur noch den Außenhandelsunternehmen gestattet, die im Auftrag der Staatsführung exklusiv für alle exportierbaren Waren die Geschäftsbeziehungen zum Ausland unterhielten und hierzu natürlich auch Werbe- und Marketingmaßnahmen umzusetzen hatten, die der Konkurrenz mit westlichen Unternehmen standhielten. Diese Werbeaktionen waren innerhalb der DDR nur eingeschränkt wahrnehmbar, da sie sich auf Messen und Druckerzeugnisse beschränkte, die den Einheimischen im Prinzip nicht zugänglich waren.
Wie das gesamte Wirtschaftssystem der DDR war natürlich auch der Bereich der Werbung stark
zentralistisch organisiert. Die einzige im Inland operierende Werbeagentur war die bereits 1945 als
Anzeigenagentur gegründete DEWAG, die in den 50er Jahren schrittweise vollständig in den Besitz der
herrschenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) überging. Bereiche wie die
Außenwerbung (Plakate) und Verkehrswerbung wurden schon bald monopolistisch von ihr betreut, über
ihre später 15 Bezirksvertretungen übernahm sie aber auch die Mehrzahl der Werbeaufträge aus der
Wirtschaft, die innerhalb der DEWAG vom Entwurf bis zur Umsetzung erarbeitet werden konnten. 1957
ging aus dem Außenhandelsbereich der DEWAG eine spezielle Agentur für Auslandswerbung, die
INTERWERBUNG hervor, die innerhalb der DDR aber keine Aufgaben übernahm. Von 1949 bis 1962 unterhielt
die DEWAG ein eigenes Studio, das in allen bekannten Tricktechniken und im Realfilm
Werbefilme und Spots für Kinos und das DDR-Werbefernsehen produzierte. Das Werbefernsehen mit seiner
bekanntesten Sendung, den "tausend tele tipps (ttt)" überlebte bis 1976, hatte zuletzt aber nur noch
das Profil einer reinen Ratgebersendung.
Mit jeder neuen Verstaatlichungswelle wurden der DEWAG neue kleine und mittelständische Unternehmen,
die zum Produktionsprofil passten, zugeordnet, so z.B. Fahnenstickereien, papierverarbeitende und
Druckereibetriebe oder auf Messebau spezialisierte Unternehmen. Durch die Einschränkungen für die
Inlandswerbung ab 1963 und das gänzliche Verbot 1972 wurde die Arbeit der DEWAG stark eingeschränkt,
was innerhalb des Betriebes eine stärkere Konzentration und Spezialisierung nach sich zog. Ein
Hauptaufgabengebiet der DEWAG in den 70er und 80er Jahren wurde die Sichtagitation, das heißt die
Ausgestaltung turnusgemäßer Propagandaveranstaltungen des Staates wie z.B. Maifeiern, die
DDR-Jahrestage, Sportfeste usw.
Über die Arbeit privater oder sonst von unmittelbarer staatlicher Einflussnahme freier Werbebetriebe
in den 50er und 60er Jahren ist nicht viel bekannt. Drucksachen und werbespezifische Materialien
wurden in zahlreichen kleinen mittelständischen Unternehmen und Produktionsgenossenschaften
hergestellt. Größere Betriebe, Warenzeichenverbände und Handelsorganisationen unterhielten eigene
Werbeabteilungen, die aber nur selten spezielle Entwurfsarbeiten ausführten, sondern die Umsetzung
und Verarbeitung zentral hergestellter Werbemittel übernahmen. Gestaltungsaufträge, vor allem
natürlich für Werbefiguren, wurden oft an selbständige Werbeschaffende und Grafiker vergeben, von
denen sich einige wie z.B. Horst Geil, Fritz Springefeld, Karl Schrader oder Erika Nerger zu regelrechten
Werbefiguren-Spezialisten entwickelten. Profis an noch exponierterer Stelle wie der im Puppenstudio
des DDR-Fernsehens tätige Erfinder des Sandmännchens, Gerhard Behrendt, wurden durch die Arbeit an
Werbefilmen gleichfalls zum Schöpfer von Werbefiguren: er entwarf die Grundform des Minol-Pirol, des
Messemännchens und des Agra-Maskottchens "Florinchen". Für erfolgreiche Presse- und Comiczeichner wie
Digedags-Erfinder Hannes Hegen oder den Berliner Kult-Zeichner Erich Schmitt waren Werbefiguren eher
Nebenprodukte: Hegen verkaufte den ersten Entwurf des Rumpelmännchens noch vor seiner Mosaik-Karriere
für ein lächerliches Honorar an den Staatlichen Altstoffhandel und Schmitt's populäre Protagonisten
Schwester Erika und Tierpfleger Ede kamen im Rahmen des sogenannten "Character Merchandising" zu
Werbeauftritten.
Spezielle Hersteller für Werbefiguren gab es kaum, aber ähnlich wie die renommierten westdeutschen
Firmen Steiff, Käthe Kruse und Goebel fertigten auch Puppenhersteller der DDR nach Entwurf gewünschte
Werbefiguren in größeren Stückzahlen. Hervorzuheben sind hier die Firmen von Hermann Berger in
Altenburg und die Seyfarth & Reinhardt KG in Waltershausen, die bis in die 60er Jahre mit
verschiedenen gut gearbeiteten Maskottchen-Varianten bekannter Werbefiguren auffielen. Neben im
speziellen Auftrag gefertigten Werbefiguren boten kleine Unternehmen auch eine Art "Blanko"-Varianten an, die
die Kunden aus der Wirtschaft durch die Zugabe bestimmter Assecoires in "ihre" Figuren verwandeln
konnten. Dieses Verfahren wurde in den 70er und 80er Jahren noch immer zahlreich angewandt. Auf dem
standardisierten Körper des bekannten Messemännchens z.B. wurden durch den Einsatz anderer Köpfe und
Bekleidung viele verschiedene Maskottchen hergestellt, die es zunehmend an Qualität und
Individualität fehlen ließen. Die Effektivität dieses Verfahren wurde noch dadurch begünstigt, dass spätestens in den
80ern die ehemals breitgefächerte und traditionsreiche Spielwarenindustrie der DDR unter der anonymen
Marke SONNI zwangsvereinigt worden war.
Spezielle und aufwändige Versionen von Werbefiguren, z.B. für die Dekoration von Schaufenstern und
Messeständen, gab es nur in geringen Stückzahlen und wurden in der Regel von den örtlichen
Spezialbetrieben der DEWAG hergestellt. Versuche von Unternehmen, Werbefiguren für sich selbst
herzustellen, gab es auch, sind aber wegen des fehlenden ästhetischen Know-How und effektiver
Herstellungsmethoden als mißglückt einzuschätzen.
Propaganda | Im ursprünglichen Wortsinn keine politische Agitation, sondern besondere Form der öffentlichen Kommunikation, die das Verhalten oder Einstellungen von Menschen beeinflussen soll. In diesem Sinne soll Gesundheitspropaganda zu gesunder Lebensweise anregen, Arbeitsschutzpropaganda Maßnahmen des Arbeitsschutzes erklären, Produktionspropaganda die Arbeitsmoral erhöhen usw. usf. |
Kampagne | Kampagnen sind zyklisch angelegte und strategisch geplante Kommunikationsmaßnahmen, die der Aufklärung über bestimmte gesellschaftlich bedeutsame Themen dienen. |
Kampagnenfigur | Leitfiguren, die Kampagnen begleiten und sich dabei ähnlicher Wirkungsmechanismen wie Werbefiguren bedienen. Sie können als gutes oder schlechtes Vorbild oder als Ratgeber auftreten. Bekannte Kampagnenfiguren der DDR waren z.B. Lodrian und Feuerwehrmann Fix (Brandschutz), Wattfraß (Energieeinsparung), Kundi (Gesundheitsaufklärung bei Kindern), Korbine (gesunde Ernährung), Hugo Leichtsinn (Unfallverhütung), Theo (Arbeitsschutz) usw. |
Merchandising | Artikel wie Spielzeug, Sammlerstücke, aber auch beliebige Produkte, die durch ihre Gestaltung oder Aufdruck eines Logos mit einem anderen Medium (Film, Musik, Bücher, Comics, Computerspiel, Event und ähnliches) in Zusammenhang stehen. Merchandising-Artikel müssen grundsätzlich erworben werden. Als Sonderform der Werbung entwickelt, hat sich das Merchandising inzwischen zu einem eigenständigen lukrativen Geschäft entwickelt. Bei Hollywood-Produktionen von Disney etwa übersteigen die Merchandising-Erlöse teilweise die der Filme, so dass man auch umgekehrt sagen könnte, der Film wirbt für seine Merchandising-Artikel! |
Character Merchandising | Besondere Form von Merchandising, bei der populäre Figuren für Werbezwecke außerhalb ihres eigentlichen Mediums benutzt werden. Sie gehen sozusagen einen Werbevertrag mit einer anderen Firma ein. |